
Biowein-Marketing spielt sich auch in Weinberg und Keller ab.
Biowein-Marketing tut not – selbst wenn die Bedingungen in der Ökobranche noch vergleichsweise gut sind. Denn der Absatz von Weinen und auch speziell von Bioweinen lässt nach, manche reden gar von einem Einbruch. Aber immer noch zeigen Verbraucher wachsendes Interesse an ökologisch erzeugten Weinen. Das eröffnet auch den kleinen Bioweingütern wichtige Chancen. Mit diesen an der Praxis orientierten Tipps sollte ein Bestehen im hart umkämpften Markt besser möglich sein – und in vielen Fällen auch ein nachhaltiges Wachstum.
Laut einem Bericht des Statistischen Bundesamtes wurde für das Jahr 2024 die drittniedrigste Weinerzeugungsmenge der letzten 15 Jahren festgestellt. Dabei sank vor allem der Anteil der Prädikatsweine: von 23,7 Prozent auf 16,1 Prozent. Die größten Weinanbaugebiete Rheinhessen und Pfalz erzeugten über die Hälfte der Weinmenge. Besonders stark war der Statistik zufolge der Rückgang der Weinerzeugung gegenüber 2023 in Baden und Württemberg, in Franken und an der Mosel.
Biowein-Marketing: der Marktentwicklung trotzen
Insgesamt zeigt der deutsche Ökoweinmarkt noch immer eine insgesamt positive Entwicklung. Die Nachfrage nach Bioweinen in Europa, einschließlich Deutschland, wächst stetig. Zahlenmäßig übersteigt die Nachfrage sogar in einigen Bereichen das Angebot übersteigt. Aber Zahlen trösten wenig, wenn die Situation im eigene Betrieb stagniert. Biowein-Marketing kann dem Negativ-Trend entgegen wirken.
Innerhalb von zehn Jahren hat sich die ökologische Rebfläche in Deutschland verdoppelt und erreichte im Jahr 2023 fast 15 Prozent der gesamten Rebfläche. Hinzu kommt, dass dieses Wachstum unterstützt wird durch ein verstärktes Umweltbewusstsein und einen nachhaltigeren Lebensstil der Konsumenten. Die Präferenz der Weinkunden für Bioweine verschafft den Biowinzern ein vorteilhaftes Marktumfeld.
Deutschland gilt als der weltweit größte Absatzmarkt für Bioweine, allerdings gehört dazu auch ein großes Importvolumen, vorzugsweise aus Spanien und Italien. Somit spielt der heimische Konsum zwar eine wichtige Rolle, aber die Importe sorgen für regen Wettbewerb. Einen Schub brachte manchen Weingütern ausgerechnet die Corona-Pandemie. Nicht nur, dass sie durch den Online-Verkauf über den eigenen Weinshop auf der Website relativ gut durch die Krise kamen. Viele einheimische Weinliebhaber zeigten in dieser Zeit ihre Wertschätzung für qualitativ hochwertige Weine und kauften dann oft genug auch direkt in ihrer Region ein. Ein Punkt, an dem Biowein-Marketing ansetzen kann.
Regionale Produzenten mit ansprechenden Qualitäten konnten so die direkte Verbindung zu den Konsumenten ausbauen. Und wer in der Pandemie noch Online-Verkostungen anbot, der konnte den Draht zu bestehenden und zu neuen Kunden trotz der widrigen Umstände sogar noch ausbauen.
Ökologische Arbeit erfolgreich vermitteln
Dabei spiel die ökologische Arbeit der Weinerzeuger eine wichtige Rolle und stößt meistens auf das rege Interesse der Verbraucher. Eine Besonderheit spielen die sogenannten PIWIs. Das bezeichnet pilzwiderstandsfähige Rebsorten, deren Anbau im ökologischen Weinbau zunehmend an Bedeutung gewinnt. Sie können eine noch bessere Ökobilanz aufweisen, da der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln damit im Biuoweinbau noch weiter reduziert werden kann.
Dem Vorteil des Alleinstellungsmerkmal von PIWI-Weinen steht aber noch deren Unbekanntheit entgegen. Gerade im Vergleich zu den klassischen Rebsorten halten viele Verbraucher gerne an den bekannten und bewährten Rebsorten fest, da sie die neuen Weine geschmacklich noch nicht richtig einordnen können. Die Reaktion der Biowinzer, statt der sperrigen neuen Bezeichnungen unbekannte Rebsorten Cuvées zu kriegen mit phantasievollen Namen konnte da nur wenig Abhilfe schaffen. Biowein-Marketing sollte das Öko-Konzept darstellen, in das d das Kiwi-Thema integriert wurde.
Positiv für die Winzer sind auf jeden Fall die geringeren Produktionskosten durch geringen Spritzmitteleinsatz, der auch geringere Kosten verursacht. Auch beobachten viele Weinerzeuger, dass ihr Ansehen bei den Kunden steigt, weil Innovationen und die bewiesene Expertise im An- und Ausbau positiv aufgenommen wird.
Trends mit und ohne ‚bio‘
Andere, generelle Trends halten an, werden aber von Bioweinerzeugern ganz unterschiedlich – wenn überhaupt – genutzt. Roséweine erfreuen sich weltweit gesehen wachsender Nachfrage. In den letzten 20 Jahren ist die Rosé-Produktionum um ein Fünftel gestiegen, der Marktanteil liegt inzwischen bei acht Prozent. Orangeweine bilden immer noch eine Nische, sind aber zunehmend gefragt. Hierzu werden Weißweine mit Schale vergoren, wodurch nicht nur die charakteristische Farbe entsteht, sondern auch komplexe Geschmacksnoten.
Und während der Weinkonsum in Deutschland tendenziell abnimmt, zeigte sich der Schaumweinkonsum zuletzt stabil. Sekt, Prosecco, Crémant und Co. sind nach wie vor bei der Kundschaft gefragt. Die Nutzung eines anderen Trends schien den Bio-Erzeugern zunächst verbaut. Alkoholfreie und leicht alkoholische Getränke wie entalkoholisierte Weine, Schaumweine und Fruchtweine erfreuen sich wachsender Nachfrage und würde gut in ein ökologisches Angebot für gesundheitsbewusste Verbraucher passen. Bei einer Anpassung des EU-Rechtsrahmens für die Herstellung von alkoholfreiem Wein und Schaumwein in das europäische Weinrecht war eine Anpassung der EU-Öko-Verordnung nicht berücksichtigt worden. Nun hat die Europäische Kommission die Vakuumverdampfung und die Destillation als akzeptable Methoden zur Entalkoholisierung von Bio-Weinen unionsrechtlich: Alkoholfreie Bio-Weine und Bio-Schaumweine können somit ab dem 18. März 2025 wieder mit dem EU-Bio-Logo vermarktet werden.
Wissensvermittlung, die ankommt
Noch immer gibt es aber bei den Verbrauchern eine Wissenslücke bei vielen Weinkonsumenten – und auch bei Händlern – bezüglich der Arbeiten und Herausforderungen im ökologischen Weinbau. Aufklärung und transparente Kommunikation über die Vorteile und Praktiken des ökologischen Weinbaus sind deswegen unverzichtbar, um Vertrauen aufzubauen und die Nachfrage zu steigern. Beim Weinkauf spielen Preis, Qualität, Rebsorte, Image des Weinguts und persönliche Empfehlungen oft eine größere Rolle als die Bio-Zertifizierung allein. Die Bio-Zertifizierung ist zwar vielen Weinkonsumenten wichtig, aber sie bildet nicht den einzigen Faktor für die Kaufentscheidung der Konsumenten. Hilfreicher ist da schon die Tatsache, dass immer mehr Bioweine bei Weinprämierungen nicht nur gut, sondern sogar überdurchschnittlich gut abschneiden. Gemessen am Anteil der Bio-Rebflächen ist die Anzahl der prämierten Weine überproportional. Das ist ein Punkt, der in einem Biowein-Marketing herausgestellt werden sollte
Biowinzer in Baden-Württemberg genießen den Vorteil, dass es hier einen starken ökologischen Sektor gibt mit dem Ziel, den Anteil der ökologisch bewirtschafteten Fläche bis 2030 auf 30 bis 40 Prozent zu erhöhen. Das Land fördert „Bio-Musterregionen“, um die regionale ökologische Produktion durch Zusammenarbeit und Strategieentwicklung zu stärken. Die Einbindung in solche Bio-Musterregionen kann Möglichkeiten für Netzwerke, Förderungen und strategische Unterstützung bieten.
Besonderheiten im ‚Ländle‘
Eine besondere Rolle für Bioweinerzeuger in Baden-Württemberg spielt das Direktmarketing. Die Nutzung von Direktvertriebskanälen ist hier besonders relevant. Konsumenten waren bisher in der Regel bereit, für regionale Bio-Qualität einen Preisaufschlag zu zahlen. Dieser zusätzlich erzielbare Gewinn durch Bioweine kann wesentlich zur Rentabilität von ökologischen Weingütern beitragen. Unterstützung kann auch von anderer Seite kommen, zum Beispiel durch weintouristische Aktivitäten wie Weinwanderungen oder „WeinSommer“-Veranstaltungen. Betriebe geraten durch ihre Teilnahme so leichter in den Blickpunkt einer potenziellen Kundschaft, die an lokalen Weinerlebnissen interessiert ist. Ergänzt durch eigene Events lassen sich lokale Konsumenten und Touristen leichter erreichen. So verzahnen sich öffentliche Themen mit dem Biowein-Marketing der Betriebe.
Die Präferenzen von Konsumenten spielen dabei eine wichtige Rolle. Bioweine erhält im Südwesten generell viel Aufmerksamkeit – aus Gründen des Umweltschutzes, des Klimawandels und eines nachhaltigen Lebensstils. Ökologischen Vorteil des Bio-Weinbaus sollten deswegen hervorgehoben werden. Unter gesundheitlichen Aspekten spielt auch der Wunsch nach Weinen eine Rolle, die mit weniger Pestizieinsatz erzeugt werden.
Digitale Vorteile für den Wettbewerb
Zu einer effektiven Marketingstrategien für ökologisch arbeitende Weingüter gehört vor allem auch eine starke Online-Präsenz. Die authentische und benutzerfreundliche Darstellung mit hochwertigen Bildern und wichtigen Informationen über das Weingut und seine Weine schafft Vertrauen und senkt die Hemmschwelle, auch bei kleineren oder unbekannteren Betrieben einzukaufen. Suchmaschinenoptimierung (SEO) verbessert die Sichtbarkeit und lenkt mehr Besucher auf die eigene Website.
Darüberhinaus sorgt der Aufbau einer E-Mail-Liste für einen verbesserten Kontakt zu den Kunden und schafft die Basis, um Verbraucher ständig über die Besonderheiten des biologischen Anbaus zu informieren. Veranstaltungen und Angebote finden auf diesem Weg ebenfalls leichter den Weg zu den Interessenten und Kunden.
Die Nutzung von Social-Media-Plattformen wie Instagram und Facebook wird heute zwar nicht mehr so positiv bewertet, wie noch vor wenigen Jahren. Aber die ansprechende Präsentation von Weinerzeugern und deren Weinen geschieht auf eine Art, die dem Begriff Infotainment sehr nahe kommt und Verbrauchern wichtige Informationen in kleinen, leicht aufnehmbaren ‚Portionen‘ liefert.
Direkter Kontakt weiterhin hoch im Kurs
Aber auch das Offline-Marketing ist noch nicht aus dem Blickfeld der Bioweinerzeuger verschwunden. Der Direktverkauf und Weinproben im Weingut schaffen eine persönliche Verbindung zu den Kunden. Ein Verkostungsraum schafft die Grundlage für einzigartige und eindrückliche Wein-Erlebnisse. Durch die Teilnahme an regionalen Märkten, Messen und Prämierungen ermöglicht den direkten Zugang zu den Konsumenten in der Region.
Bewährt hat sich auch die Zusammenarbeit mit lokalen Restaurants, Hotels und Tourismusorganisationen zur Bewerbung des Weinguts, Diese Aktionen können die Reichweite der eigenen Darstellungen deutlich erhöhen. Auch Tage der offenen Tür, oft unter dem Stichwort „Gläserne Produktion“ veranstaltet, ermöglichen es den Konsumenten, den Weinherstellungsprozess aus erster Hand zu erleben. Transparenz schafft Vertrauen und unterstreicht die Sorgfalt im ökologischen Weinbau.
Die eigene Geschichte, die Entwicklung, die auch die Betriebe selbst mit dem Umstieg auf ökologischen Weinbau durchlebt haben, kann ein weiterer wichtiger Punkt sein, der die einzigartige Geschichte hinter dem Biowein lebendig werden lässt. Storytelling schafft eine emotionale Verbindung zu den Konsumenten und differenziert die Marke.
Storytelling: unterhaltend informieren
Diese Geschichte lässt sich am besten auch im persönlichen Kontakt vermitteln, zum Beispiel beim Direktverkauf im Weingut. Dieser Vertriebskanal hat zudem den Vorteil, dass er die höchste Gewinnspanne bietet und durch den direkten Kundenkontakt quasi nebenbei die Möglichkeit zur Aufklärung bietet. Während hier der angesprochene Interessentenkreis relativ überschaubar bleibt, lassen sich im Online-Verkauf deutlich größere Reichweite erzielen. Eine ansprechende und gut gepflegte Webseite ist ebenso wichtig wie sichere Zahlungs- und Versandoptionen, die Einführung von Abonnements oder die Schaffung eines Weinclubs.
Ergänzende Maßnahmen entstehen im Lauf der Zeit oft durch Kooperationen mit anderen regionalen Produzenten. So können auch gemeinsame Marketingaktionen, gebündelte Produktangebote oder gemeinsame Veranstaltungen leichter gestemmt werden. Auch die Kooperation mit Online-Weinhändlern bietet Zugang zu einem großen Online-Kundenstamm und etablierter E-Commerce-Infrastruktur und Marketingreichweite. Diese Plattformen verfügen bereits über bestehenden Traffic und Kundenstämme.
Expertise mit Beleg
Bei allen Marketingmaßnahmen sollten stets auch die Mitgliedschaften in Bio-Verbänden sowie Zertifizierungen und Auszeichnungen als sichtbare Beweise für Expertise und Glaubwürdigkeit in den Blickpunkt gerückt werden. Das EU-Bio-Logo, Bioland, Demeter oder Ecovin sollten deutlich ausgewiesen werden. Das Bio-Siegel Baden-Württemberg kann ebenfalls wertvoll sein. Die Unterschiede zwischen verschiedenen Bio-Zertifizierungen (EU-Bio, Ecovin, Bioland, Demeter) lassen sich oft nicht einfach vermitteln, sollten aber vor allem im direkten Kontakt immer wieder angesprochen werden. Das erleichtert den Kunden die Orientierung ´trägt zur Wertschätzung der Bio-Auszeichnungen bei.
Um die eigenen Ziele nicht aus den Augen zu verlieren ist der Kontakt und Austausch mit anderen Bio-Erzeugern wichtig. Das betonen Bioproduzenten immer wieder. Nur so lassen sich auch kontinuierlich die eigenen Vorgaben kontrollieren und gegebenenfalls anpassen.
Der Autor Joachim Ott betreut seit vielen Jahren Verbände und Erzeuger von ökologischen Weinen, von der Pressemitteilung bis zur Website.